SYLKYplus erreicht 500 betroffene Kinder und Jugendliche

Zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut (17.10.2024) und Aktionswoche „Armut bedroht alle“ (14.–20.10.2024)

Landesweites Projekt SILKY und SILKYplus mit konkreten Teilhabeangeboten für armutsgefährdete Kinder und Jugendliche: Paritätischer Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg und Waldhaus Jugendhilfe ziehen positive Zwischenbilanz: 500 betroffene Kinder und Jugendliche erreicht

Stuttgart/Leonberg 17.10.2024 In Baden-Württemberg sind ca. 500.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren armutsgefährdet. Das ist fast jedes fünfte Kind. Um die Folgen von Kinderarmut gezielt zu bekämpfen, fördert das Land Baden-Württemberg mit zusätzlichen Mitteln des Europäischen Sozialfonds Projekte gegen Kinder- und Jugendarmut. Das landesweite Projekt „SILKY und SILKYplus – Social Inclusion Labs für Kids und Youngsters“ des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg sorgt für bessere materielle Bedingungen, Bildung und auch soziale Teilhabe von armutsgefährdeten jungen Menschen zwischen 10 und 25 Jahren. Insgesamt konnten in den fast fünf Jahren an neun Projektstandorten im Land ca. 500 betroffene Kinder und Jugendliche erreicht und mehr als 35 Social Inclusion Labs entwickelt und erprobt werden. Das zeigt die positive Zwischenbilanz des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg und der Waldhaus Jugendhilfe, die anlässlich des Internationalen Tags für die Beseitigung der Armut (17.10.) vorgestellt wurde. 

Sabine Wild, Projektleiterin „SILKY/SILKYplus“ beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg:

„Armut ist auf den ersten Blick oft unsichtbar, grenzt aus, macht krank und ist schambesetzt. Die Auswirkungen von Armut schaden Kindern unmittelbar und vor allem unverschuldet – beengter, oft mangelhafter Wohnraum, keine Rückzugsmöglichkeiten oder Platz zum Lernen, kaum Teilhabemöglichkeiten, gesundheitliche Folgen, fehlende Bildungsgerechtigkeit und damit geringere berufliche Perspektiven. Kinderarmut ist aber vor allem Eines: Familienarmut. Ziel muss es also sein, die soziale Vererbbarkeit von Armut zu stoppen. Hier setzt das Projekt SILKY/SILKYplus an. Mit niederschwelligen und bedarfsgerechten Angeboten wie Einzelberatung, Gruppenangeboten, Lerntandems, Zugang zu gesundem Mittagessen, Erlernen des Umgangs mit Geld, Vermittlung von finanziellen und weitergehenden Hilfen soll jungen Menschen eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe und faire Chancen auf eine lebenswerte Zukunft ermöglicht werden. Dabei spielen Vertrauensaufbau, eine intensive Betreuung und Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse, aber auch die Familiensituation eine zentrale Rolle. Es geht darum, die soziale Inklusion zu stärken und gemeinsam als Gesellschaft Kindern und Jugendlichen den Weg für eine chancengerechte Zukunft zu ebnen. In der Landesarmutspolitik sehen wir mit den Präventionsnetzwerken gegen Kinderarmut und Projekten im Rahmen „Starke Kinder chancenreich“ eine positive strukturelle und längerfristige Weichenstellungen, die jedoch unbedingt ausgebaut und finanziell auskömmlich gesichert sein muss. Familien und deren Kinder brauchen dringend qualitativ guten und bezahlbaren Wohnraum, in dem sie sich sicher fühlen und gleichberechtigt entwickeln können. Auch eine kostenfreie Grundversorgung mit gesunder Ernährung im Rahmen der Gemeinschaftsverpflegung in Kitas, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen muss flächendeckend gewährleistet sein. Zudem bedarf es einer wirksamen und bedarfsgerechten Familienförderstrategie des Landes, die auch niederschwellige Beratungsmöglichkeiten zu Leistungen der Bildung und Teilhabe sowie Hilfen und Angeboten für Familien mit wenig Einkommen schafft.“

Michael Groh, Bereichsleitung Kommunale Jugendsozialarbeit bei der Waldhaus Jugendhilfe gGmbH:

„Die Arbeitsformen im Projekt wurden in die bereits bestehende Teamstruktur unserer kommunalen Jugendsozialarbeit in der Stadt Leonberg integriert und die Stellen passend zugeschnitten. Dadurch wurde eine enge Verzahnung zum Team vor Ort und der Waldhaus-Jugendberufshilfe ermöglicht, die sich als sehr gewinnbringend erwiesen hat. Wir wollen das Thema Armut in die Köpfe der Gesellschaft bringen und nutzen dadurch die breite Netzwerkstruktur in Leonberg, die wir im Waldhaus seit 20 Jahren ausgearbeitet haben. Durch das Projekt haben wir eine super Grundstruktur geschaffen, vieles ausprobieren und experimentieren können. In diesen Prozessen entstehen neue Fragen und Anregungen, die wir für die Entwicklung weiter nutzen können. So lernen wir stetig aus unserer Arbeit – ein wunderbares Beispiel, wie praktische Arbeit wirken kann.“  

Lisa Weber und Teresa Tellini, Projektmitarbeiterinnen „SILKYplus“ beim Waldhaus – Jugendsozialarbeit Kernstadt Leonberg

„Aufgrund der ausgeprägten Schambesetzung von Armut arbeiten wir im Projekt mit subtilen Ansprachen wie Teilhabe, Chancengleichheit und Gerechtigkeit. Wir durchbrechen Tabus und Stigmata sowie eine erlernte Hilflosigkeit, indem wir Reflexion anregen, über Themen rund ums Geld zum Gespräch einladen und Lösungsorientierung anbieten, entsprechend individueller Fragen und Lebenslagen. Hier ist als Beispiel das LAB “Let’s Talk About Money” zu nennen. Das Sprechen über Geld kann besonders für armutsbetroffene Kinder und Jugendliche entlastend wirken und bestärken. Als “gelingender Aufhänger” für neue Teilnehmende erweist sich außerdem das LAB “Leichtigkeit”, ein partizipatives Gruppenangebot. Es ermöglicht soziale Teilhabe und vermittelt den Teilnehmenden ein Zugehörigkeitsgefühl sowie einen sicheren Ort für Gruppenerleben und Selbstwirksamkeit. Einzelne Teilnehmende blühen auf und übernehmen zunehmend Verantwortung in der Gruppe: “Hier ist man zusammen, alle sind freundlich, haben Spaß und sind glücklich. Ich hatte das Gefühl, dass ich sein darf, wie ich bin. Egal woher man kommt, welche Kultur man hat, egal wie man aussieht, alle Menschen in dieser Gruppe sind gleich und es gibt keinen Unterschied zwischen uns. Egal ob wir Mädchen oder Jungs sind. Jeder hat die gleiche Chance und ist wichtig“, (Fatima, 16 Jahre).

Hintergrundinformationen

Landesweite Zwischenbilanz Projekt „SILKY und SILKYplus“ für den Zeitraum 01.01.2020 – 30.09.2024

Das Projekt SILKY – Social Inclusion Labs für Kids und Youngsters“ startete im Jahr 2020 und war ursprünglich bis Ende 2022 angelegt. Nach der erfolgreichen ersten Periode wurde die Laufzeit als SILKYplus bis vorläufig Ende 2025 verlängert. Bis zum 30.09.2024 nahmen 508 Kinder und Jugendliche das Projektangebot von SILKY und SILKYplus wahr, davon 55 % Mädchen und 44 % Jungen, zwei Teilnehmende bezeichnen sich als non-binär. In den Klassen 5 – 7 befanden sich 17 % der Teilnehmenden, 36 % in Klasse 8-10, 31 % der Teilnehmenden waren im Alter von 16-18 Jahren, zudem nahmen 14 % junge Erwachsene bis zum Alter von 25 Jahren teil. Neben den Kindern und Jugendlichen wurden zusätzlich 23 Familienmitglieder ins Projekt aufgenommen und begleitet, wobei es sich um 90 % weibliche Teilnehmende im Alter von 30-55 Jahren handelt. In den knapp fünf Jahren konnten mehr als 35 Social Inclusion Labs entwickelt und erprobt werden. Siekonzentrieren sich auf die Themen materielle Teilhabe, soziale Inklusion, Bildung und kulturelle Teilhabe, Ernährung und Gesundheit sowie digitale Kompetenzen und werden an den Standorten Schwäbisch Gmünd, Heidelberg, Breisach und Müllheim, Tübingen, Pforzheim, Göppingen, Stuttgart und Leonberg von neun Trägern durchgeführt. Ausführliche Information zu SILKY und SILKYplus sowie den Teilprojekten an einzelnen Standorten unter https://paritaet-bw.de/silkyplus

Zwischenbilanz Projekt „SILKY und SILKYplus“ am Standort in Leonberg für den Zeitraum 01.01.2020 – 30.09.2024

In der ersten Förderperiode (Mai 2020 bis Dezember 2022) konnten 18 Projekt-Teilnehmende, im Alter von 12 bis 20 Jahren verzeichnet werden. Im Jahr 2023 waren es 13 Teilnehmende zwischen 11 und 20 Jahren und im Jahr 2024 sind 12 neue Teilnehmende hinzugekommen (Stand 30.09.2024). Insgesamt werden in diesem Jahr 20 Teilnehmende zwischen 10 und 21 Jahren aktiv begleitet. In Leonberg wurden bereits 15 LABS erprobt, wovon sich 7 LABS in aktueller Umsetzung befinden: 

1.     LAB “Leichtigkeit” (Gruppenangebot)

2.     LAB “Me-Time“ (Einzelzeiten im 1:1 Kontakt)

3.    LAB “Empowerment” (individuelle Begleitung und Unterstützung von Familien und Bedarfsgemeinschaften)

4.    LAB “Let´s Talk about Money”

5.    LAB “Mentoring” (begleitete 1:1 Nachhilfe unter Jugendlichen)

6.    LAB “Jugendhearing im öffentlichen Raum”

7.     Lab “Vernetzung”

Der Paritätische Baden-Württemberg

Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist weder konfessionell, weltanschaulich noch parteipolitisch gebunden. Der Verband steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. Ihm sind in Baden-Württemberg über 930 selbständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 2.000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 50.000 freiwillig Engagierte und 80.000 Hauptamtliche. Weitere Infos unter www.paritaet-bw.de

Waldhaus Jugendhilfe gGmbH

Das Waldhaus kümmert sich seit 1957 als soziales und gemeinnütziges Dienstleistungsunternehmen mit rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um die Belange von Jugendlichen und jungen Familien im Landkreis Böblingen und Calw. Das Ziel dieser Arbeit ist Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene so zu stärken, dass sie ihr Leben selbständig in die Hand nehmen können und in der Lage sind, sich selbst zu helfen. Weitere Infos unter https://www.waldhaus-jugendhilfe.de/bereiche/kommunale-jugendsozialarbeit/silkyplus/