Nach jahrelanger Planung wird im Landkreis Böblingen endlich ein neues Frauen- und Kinderschutzhaus Realität. Seit 2011 fehlte eine solche elementare Zufluchtsmöglichkeit in der Region, letzte Woche gab das Land Baden-Württemberg nun bekannt, das Projekt mit 3,8 Millionen Euro zu fördern, die Gesamtkosten für das Haus belaufen sich auf rund 5,05 Millionen Euro. Träger des Schutzhauses wird die Waldhaus Jugendhilfe gGmbH in Kooperation mit dem Verein Frauen helfen Frauen Kreis Böblingen e.V., die es im Auftrag des Landkreises betreiben wird.
Wachsende Dringlichkeit
Aktuelle Zahlen des Bundeskriminalamts verdeutlichen die Dringlichkeit dieses Vorhabens: Gewalt gegen Frauen hat in nahezu allen Bereichen zugenommen. Frauen und Mädchen sind mit 70,5 Prozent die Hauptbetroffenen häuslicher Gewalt. Die Dunkelziffer bei digitaler Gewalt und Partnerschaftsübergriffen wird zudem als hoch eingeschätzt. Auch Sexualstraftaten verzeichnen einen deutlichen Anstieg.
„Alle drei Minuten wird eine Frau Opfer von Partnerschaftsgewalt. Die Anfragen in der AMILA-Beratungsstelle für häusliche Gewalt steigen stetig“, erklärt Monika Becker, Leiterin der Beratungsstelle von Frauen helfen Frauen e.V. im Kreis Böblingen. „Besonders alarmierend ist die Zunahme von Femiziden. 69 Prozent der Tötungsdelikte sind häuslicher Gewalt zuzuordnen. Auch im Landkreis Böblingen sind Frauen von Tötung bedroht. Der Schutz, den das neue Frauen- und Kinderschutzhaus bieten wird, ist dringend notwendig.“
Ein ganzheitliches Konzept
Zusammen mit der Waldhaus Jugendhilfe als Betriebsträger wird künftig ein innovatives Konzept umgesetzt. Es vereint Schutz und Prävention: Frauen und ihre Kinder finden hier einen sicheren Zufluchtsort, während eine ambulante Fachberatungsstelle bei der Nachsorge unterstützt.
„Gewalt gegen Frauen und Kinder ist keine Privatsache, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, betont Philipp Löffler, Geschäftsführer der Waldhaus Jugendhilfe. „Häusliche Gewalt zählt laut Weltgesundheitsorganisation zu den größten Gesundheitsrisiken für Frauen und Kinder. Unser Modell kombiniert Schutz und Prävention auf eine Weise, die langfristig wirkt.“ Die Eröffnung des Frauen- und Kinderschutzhauses ist für 2027 geplant.
Ein wichtiger Schritt für den Landkreis
„Das ist ein guter Tag für den Kreis Böblingen und seine Menschen, ein guter Tag für den Gewaltschutz“, erklärte Landrat Roland Bernhard in einer offiziellen Mitteilung. Auch Monika Becker und Philipp Löffler zeigten sich erleichtert: „Dieser weiße Fleck im Landkreis ist endlich Geschichte. Bald können wir wieder umfassenden Schutz für Frauen und Kinder bieten.“