Das Waldhaus hat jetzt eine Doppelspitze

Über 40 Jahre stand Hans Artschwager an der Spitze des Waldhauses. Nun folgen ihm seine Tochter Lisa Artschwager und Philipp Löffler. Das neue Führungsduo weiß, wo es ansetzen muss, um Kinder und Jugendliche nach Pandemie wieder mehr zu stärken.

Kreiszeitung Böblinger Bote, von Martin Dudenhöffer,  20.08.2024

Welche riesigen Fußstapfen Hans Artschwager, langjähriger Geschäftsführer des Waldhauses, hinterlässt, seitdem er vor kurzem in den Ruhestand gegangen ist, zeigt sich schon anhand einer Tatsache: Als Artschwagers Karriere bei dem damals noch kleinen Träger im Jahr 1981 begann, waren seine beiden Nachfolger, Philipp Löffler und Lisa Artschwager, noch nicht einmal geboren. Philipp Löffler kam 1982 zur Welt, Hans Artschwagers Tochter Lisa 1986. Nun übernimmt das Duo gemeinsam das Zepter bei dem Hildrizhauser Sozialträger.

Die Aufgabenteilung ist klar definiert: Während Lisa Artschwager den kaufmännischen Bereich verantwortet, ist Löffler für den sozialpädagogischen Part zuständig. „Durch den familiären Bezug bin ich seit Kindesbeinen mit allem vertraut. Es ist aber auch vorteilhaft, dass Philipp eine Außenperspektive mitbringt. So ergänzen wir uns ganz gut“, sagt die „Lokalmatadorin“. 

Kurzen Draht in die Rathäuser

Auch dank der langen Kontinuität in der Führungsebene inklusive der Fachbereichsleitungen verfügt das Waldhaus über gewachsene Strukturen. „Unsere Wurzeln liegen innerhalb der Jugendhilfe im stationären Bereich. Aber auch der teilstationäre Bereich, die Schulsozialarbeit, ambulante Hilfen oder auch die Jugendreferate in den Kommunen, gehören fest dazu“, betont Artschwager. Daran werde sich auch nichts ändern. „Wir wollen uns auf diese Wurzeln konzentrieren, aber auch innovativ sein“, bekräftigt die neue Chefin.

Seitdem Co-Chef Philipp Löffler zum Jahreswechsel 2024 als Geschäftsführer in spe von der Diakonie Württemberg nach Hildrizhausen kam, habe man sich mit der Frage auseinandergesetzt, was man beibehalten und was man verändern wolle. „Es gibt immer Raum für Optimierung. Alleine weil wir gesellschaftlichen und politischen Veränderungen unterworfen sind, müssen wir dynamisch agieren“, sagt Löffler. Dabei denkt der Sozialpädagoge vor allem an politische Vorgaben wie die Ganztagesbetreuung, die Inklusion oder die Digitalisierung.

Mehr Sozialarbeit statt weniger

Und auch wenn der Bedarf groß sei, müsse das Waldhaus sich immer wieder um finanzielle Mittel und Aufmerksamkeit für seine Belange bemühen – zurücklehnen könnten Artschwager und Löffler sich deshalb nicht. „Die junge Generation hat politisch keine starke Lobby. Gegenüber unseren Kooperationspartnern auf allen Ebenen müssen wir präsent sein und betonen, welchen Bedarf wir haben“, erläutert Löffler. Auf der kommunalen und der Landkreis-Ebene verfüge das Waldhaus – auch dank der jahrzehntelangen, unermüdlichen Arbeit des Vorgängers – über die nötigen Netzwerke. Weil die Kinder und Jugendliche betreffende Gesetzgebung aber oft vom Bund ausgeht, schauen Sozialträger wie das Waldhaus immer auch nach Berlin. „Kürzungen im Soziales-Etat, wie immer wieder angeklungen in den Medien und von den Parteien, haben starke Auswirkungen auf einige Familien. Das merken wir in der täglichen Jugendhilfe-Arbeit. Es bräuchte mehr Investitionen“, betont Löffler. 

Gestützt werden die Forderungen von Sozialträgern wie dem Waldhaus von wissenschaftlichen Studien. Spätestens seit der Coronapandemie haben sich die Probleme vieler Familien demnach verschärft. Viele innerfamiliäre Konflikte hätten durch die verschiedenen Belastungen zugenommen, genauso die Zahl psychisch erkrankter Kinder und Jugendliche. „Wir sehen über alle gesellschaftlichen Schichten einen hohen Anforderungsdruck. Die Unterstützung und Ressourcen sind aber nicht für alle Schichten gleich gut verteilt“, betont Löffler. Deshalb stelle sich hier verstärkt die Frage, „wie können wir Familien ganzheitlich besser in den Blick nehmen und besser unterstützen“, sagt Philipp Löffler. 

Fachkräftemangel ist auch hier ein Thema

Eine weitere Herausforderung, vor der auch die sozialpädagogische Einrichtung in Hildrizhausen steht, ist der Arbeitskräftemangel. Gerne würde das neue Führungstandem neue Mitarbeiter hinzugewinnen. „Auch wir spüren den Fachkräftemangel. Vor allem im stationären Bereich im Schichtdienst“, sagt Lisa Artschwager. Versuche, mehr Personal für das Waldhaus zu gewinnen, habe es viele gegeben. „Wir sind auf Messen, gehen in Hochschulen. Wir haben zuletzt auch vermehrt Quereinsteiger eingestellt“, sagt die Co-Geschäftsführerin. Ausgereicht habe das aber nicht. „Wir müssen noch attraktivere Stellenangebote machen. Vielleicht müssen wir auch neu denken und die Anforderungen verändern. Braucht es wirklich überall hoch qualifizierte Fachkräfte mit sozialpädagogischen Profil?“, stellt Artschwager als Frage in den Raum. 

Bei dieser und weiteren Fragestellungen wird die neue Doppelspitze noch auf die Expertise von Hans Artschwager zurückgreifen können. Bis Jahresende möchte das Waldhaus-Urgestein dem Führungsduo beratend zur Seite stehen.

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